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Hier versuchen wir, einige Gedanken zur Problematik des
Verkehrs im Landkreis Starnberg aufzuzeigen. Das soll kein
Verkehrskonzept sein. Wir wollen aber aufzeigen, warum wir ein sauberes Verkehrskonzept brauchen, bevor mal hier und mal
dort eine Umgehungsstraße gebaut wird.
Zu betrachten sind die S-Bahn
und Straßen.
S-Bahn
Es ist geplant, bis Ende 2004 den 10-Minuten-Takt der S-Bahn bis Weßling zu
führen. D.h. während des Berufsverkehrs wird Weßling im 10-Minuten-Takt
angefahren, außerhalb des Berufsverkehrs im 20-Minuten-Takt . In Weßling
werden "Kleinere Infrastrukturanpassungen für 10-Minuten-Takte"
vorgenommen. (siehe S-Bahn-Planung
des MVV)
Für Steinebach, Hechendorf und Herrsching wird es weiterhin beim 20- /
40-Minuten-Takt bleiben.
Ein entfernungsabhängiger Tarif ist vom MVV bereits in Planung.
Damit ist ein Tarif gemeint, der nach Bahnkilometern und nicht nach Zonen
berechnet wird. Wann er
Realität wird, ist uns derzeit nicht bekannt. Wenn er kommt, steigert er die
Attraktivität der S-Bahn, da der Preissprung von 50% zwischen Steinebach und
Weßling entfällt.
Bereits heute gibt es viele Pendler, die aus den umliegenden Gemeinden mit dem
Auto nicht zu dem nächstgelegenen S-Bahnhof sondern nach Weßling fahren. Sie
nutzen dort die bessere Anbindung und vermeiden den Preissprung von 50%. Dies
ist derselbe Effekt, wie man ihn in an dem riesigen Parkplatz in Harthaus
beobachten kann. Dort versuchen die Autofahrer dem Preissprung um 100% aus dem
Weg zu gehen.
Möglichkeiten, die Attraktivität der S-Bahn zu erhöhen und dadurch
Verkehr in Weßling zu vermeiden:
- Ein zweites Gleis im Bahnhof Steinebach
Vor ca. 12 Jahren hatte der Steinebacher Bahnhof zwei Gleise. Das zeigt, dass
ein Betrieb mit zwei Gleisen in Steinebach möglich und sinnvoll ist.
Heute muss ein Zug in Richtung München auf eine verspätete S-Bahn aus
München in Hechendorf warten. Könnte er statt in Hechendorf zu warten
schon bis Steinebach weiterfahren und dort warten, würde das ca. 6 Minuten
weniger an Verspätung bedeuten.
Bei größeren Verspätungen aus München könnte für einen in Steinebach
haltenden Zug entschieden werden, dass er gleich bis Weßling weiterfährt. Eine Verspätung in
Richtung München könnte so ganz vermieden werden. Eine solche Entscheidung
ist für einen in Hechendorf haltenden Zug wesentlich schwieriger oder unmöglich.
Ferner könnten Reisende in einen in Steinebach wartenden Zug bereits
einsteigen und im warmen warten. Dies würde besonders im Winter und bei nasskaltem
Wetter die S-Bahn attraktiver machen.
Die Platzverhältnisse lassen ein zweites Gleis in Steinebach zu wie diese Fotomontage
zeigt.
- Für einen 10-Minuten-Takt von Steinebach bis Herrsching wäre dieses
zweite Gleis in Steinebach ebenfalls Voraussetzung.
- Der entfernungsabhängige Tarif muß den 50%-Sprung zwischen Weßling und
Steinebach abmildern (heute 6 statt 4 Streifen bis München).
Wir fordern:
- Die S-Bahn muß in die Überlegungen konkret mit aufgenommen
wird. Es ist unglaubwürdig, über zu hohe Verkehrsbelastung zu jammern und
gleichzeitig dafür zu sorgen, daß immer noch mehr Autofahrer nach Weßling
fahren, um in die S-Bahn einzusteigen. Die S-Bahn jenseits von Weßling muß
attraktiver werden.
- In der Broschüre "Nachhaltige
Entwicklung Bayern, Umweltgerechter Wohlstand für Generationen"
des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen
wird das Hohelied auf die Schiene gesungen. Im Raumordnungsverfahren wird
das Wort Schiene oder S-Bahn nicht einmal erwähnt. Wir fordern die
Behörden auf, sich an ihre eigenen Richtlinien zu halten.
- 10/20-Minutentakt in Weßling und gleichzeitig 20/40-Minutentakt in
Steinebach erzeugt Autoverkehr in Weßling statt ihn zu vermeiden. Da hilft
auch keine Ortsumgehung, da die Autofahrer zum S-Bahnhof wollen. Wir
brauchen eine bessere S-Bahn-Anbindung der Orte zwischen Weßling und Herrsching.
- Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten. Laßt uns S-Bahn säen und
Verkehrsberuhigung ernten.
Straßen
Auf der Grafik sieht man folgendes:
- Gelb gezeichnet sind neue,
geplante Straßen, pink die
bestehende Staatsstraße St2068, gestrichelt ist die S-Bahnlinie.
- Man erkennt, dass der Verkehr von Weilheim nach München-West über die neue Verbindung Starnberg -> A96
(1) fließen wird (weiter
zur Stuttgarter oder Nürnberger Autobahn über die A99 (2) bzw. nach Fürstenfeldbruck über
die Ortsumfahrung Gilching (3)).
- Der Durchgangsverkehr, der noch durch Weßling Richtung München rollt, stammt
beinahe ausschließlich aus Seefeld und Herrsching.
- Genau diesem Verkehr muss die parallel laufende S-Bahn als eine attraktive Alternative angeboten
werden. Ein Auto, das in der Garage stehen bleibt, ist die wirksamste
Verkehrsberuhigung für Weßling.
Solange nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, diesen Verkehr auf
die Schiene zu bringen, darf man über neue Straßen gar nicht erst
nachdenken; durch ein besonders hochwertiges Landschafts- und
Trinkwasserschutzgebiet schon gar nicht.
- Nach einer Verkehrszählung 2008 fahren auf der A96 zwischen der
Anschlussstelle (AS) Wörthsee und Oberpfaffenhofen
55.100 Kfz/Tag.
Durch Weßling fahren derzeit
17.200 Kfz/Tag. Die
Prognose, auf der die Planung der Umgehungsstraße beruht, besagt, dass 2025
mit den Umgehungsstraßen von Weßling und Gilching auf der Autobahn
74.800
Kfz/Tag fahren werden und durch die Ortsmitte von Weßling
9.000
Kfz/Tag. Das bedeutet eine Zunahme des Verkehrs auf der Autobahn um
36% und eine Abnahme des Verkehrs durch Weßling um 48%. Quelle
der Zahlen: Verkehrsuntersuchung
2008 von Prof. Kurzak im Auftrag des Staatlichen Bauamtes Weilheim
- Zur Zunahme des Verkehrs auf der Autobahn:
Die Autobahn ist heute schon in den Morgenstunden völlig überlastet. Bereits
heute weichen viele Autofahrer dem Stau auf der Autobahn aus und fahren von
der AS Wörthsee über die Grünsinker Straße durch Weßling bei
Oberpfaffenhofen wieder auf die Autobahn. Die Anwohner der Grünsinker Straße
können das bestätigen. Bei einer Zunahme des Verkehrs um 36% steigt dieser
Druck um ein Vielfaches. Auch die Mitarbeiter der
Gewerbegebiete nördlich von
Weßling kommen über die neue Umgehungsstraße und durch Weßling schneller
zu ihrer Arbeit als durch den Stau auf der Autobahn. Die neue
Umgehungsstraße wird also neuen Verkehr durch Weßling leiten.
- Gleichzeitig werden nur wenige Autofahrer, sie von Seefeld kommend nach
München wollen, einen Umweg von 3,1 km in Kauf zu nehmen um sich in einen
4,7km längeren Stau einzureihen (3,3km Umgehungsstraße + 4,7 km Autobahn
im Vergleich zu 4,9km St2068 alt durch Weßling). Sie werden nach wie vor den
schnelleren Weg durch Weßling bevorzugen.
Die Entlastung um 48% in Weßling wird also nicht erreicht werden!
- Zur Abnahme des Verkehrs durch Weßling:
Die Reduzierung auf 9000 Kfz/Tag wird unter der Annahme erwartet, dass die
Durchfahrt verkehrsberuhigt wird (Im
Gutachten auf Seite 10
unten). Wir können uns nicht vorstellen, dass eine Straße, die mehr als das
Doppelte einer bayerischen Staatsstraße bewältigen muss, in nennenswertem
Umfang verkehrsberuhigt werden kann. Also wird auch die Abnahme des Verkehrs
(zusammen mit den oben beschriebenen Effekten) nicht in dem versprochenen
Umfang stattfinden.
- Aus der Stellungnahme der unteren Straßenverkehrsbehörde des
Landratsamtes Starnberg vom 28.07.2009: „Das Verkehrsaufkommen wird also
nach wie vor erheblich sein.“ Das bedeutet, dass die Entlastungswirkung
UNERHEBLICH ist und einen massiv zerstörenden Eingriff in die Natur
nicht rechtfertigt.
- Aus der Stellungnahme des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum
München vom 07.01.1997 zum Raumordnungsverfahren: „Entlastungswirkung von
max. 43% bleibt im kaum hörbaren Bereich“ (2. Verkehrswirksamkeit)
Auch eine Entlastungswirkung von 48%, wie sie im Gutachten prognostiziert
wird, bleibt somit im kaum hörbaren Bereich. Da die tatsächliche Entlastung
noch niedriger ist (siehe oben), ist sie somit UNERHEBLICH und kann
einen massiv zerstörenden Eingriff in die Natur nicht rechtfertigen.
- Auch ohne Umgehungsstraße wird der Verkehr in wenigen Jahren
zurückgehen. Zitat aus der Verkehrsuntersuchung von Prof. Kurzak: "Ab
2010/15 ist jedoch insgesamt mit einer Sättigung der Verkehrsnachfrage zu
rechnen und nach 2020/25 wird es aufgrund der Altersentwicklung der
Bevölkerung zu einer beginnenden Verkehrsabnahme kommen." (Seite 6, Ende
2. Absatz)
- Die Entwicklung des
Benzinpreises spricht eine eigene Sprache:
Der Verkehr kann gar nicht
mehr so weiterwachsen wie bisher. Er wird von ganz alleine zurückgehen. Auch
ohne völlig unnötigerweise die Natur zu zerstören.
- Wenn die Grünsinker Straße aufgelassen
wird, fahren die Pendler von Norden,
die zur S-Bahn wollen (siehe S-Bahn weiter oben), auch durch die Ortsmitte und erhöhen dort die
Verkehrsbelastung.
- Im Norden Weßlings gibt es jede Menge Gewerbe. Wer
von Süden kommt und zum Aldi will, oder
zum Argelsrieder Feld, zum MercatorPark (falls der kommt), zur DLR, zu
Dornier, zu den Nachfolgebetrieben von Dornier, alle werden durch Weßling
hindurchfahren, mit oder ohne Umgehungsstraße.
- Die geplante Westumgehung Weßling wirkt im Gesamtgefüge völlig
deplaziert. Sie zerstört ein besonders hochwertiges
Landschaftsschutzgebiet, gefährdet ein Trinkwasserschutzgebiet und bringt
nur eine kaum spürbare Verkehrsentlastung.
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